Outfit als Sprache: warum Kleidung mehr als Mode ist👗 Ich grüße Sie am Outfit-of-the-Day-Tag! 👔 Ja, so etwas gibt es tatsächlich: einen Tag, an dem gefeiert wird, wie ein Look uns erlaubt, uns selbst und unseren individuellen Stil auszudrücken. In diesem Brief geht es um Kleidung als Kommunikation, und zwar darum, 💎 wie die gängige Selbstausdruck-Parole zu kurz greift; 🏛️ dass Kleidung in allen Kulturen ein Teil der Sozialisation ist; 📚 inwiefern Schule einen Erziehungsauftrag in Sachen Klamotten hat. 💎 SelbstverwirklichungIn diesem Monat hatte ich die erste Hochzeit der Saison als Freie Rednerin – und dann gleich eine dreisprachige! 🇲🇽🇺🇸🇩🇪 💖 Das Brautpaar hatte ich ausgiebig kennengelernt. 🗂️ Der Ablauf stand fest. 🎤 Die Rede war bereit und ich stolz darauf. Alles in bester Ordnung also, um mich am Wochenende mit meiner treuen Soundanlage auf die wunderhübschen Weinberge im Rheingau zu begeben. Nur eins musste geklärt werden: Was ziehe ich an? Obwohl ich wirklich keine Fashionista bin, überlege ich doch etwas länger, bevor ich mich vor 100 Leute hinstelle. Letztendlich habe ich mich für ein petrolfarbenes Chiffonkleid mit feiner Spitze oben und fließendem A-Line-Rock unten entschieden – ein schönes, hochwertiges, unkompliziertes Kleid, das nach Hochzeit schreit. Als Freie Rednerin weiß ich: Beim Kleid ist es so wie bei der Rede.
Ob wir wollen oder nicht, Kleidung ist Kommunikation. Bei einer Freien Trauung will ich kommunizieren: "Es ist festlich und Ihr seid es mir Wert!" Wäre ich in Jeans und T-Shirt da, wäre es ja vollkommen respektlos. Ich denke zurück an meine Zwanziger, als ich mich aus anderen Gründen bewusst gegen Jeans und T-Shirt entschied. Da war ich frisch Mitarbeiterin an der Universität und es war mir sehr wichtig, dass ich nicht für eine Studentin gehalten wurde. Da griff ich lieber auf elegante Röcke, Blusen und Lederpumps als sonst je in meinem Leben. Stand ich neben der Studentenschaft, sollte klar werden: Ich gehöre nicht dazu. Wir kommunizieren mit Kleidung also ganz eindeutig nach außen. Das Spannende ist, dass wir damit auch nach innen Signale schicken, an uns selbst also. Im Rahmen meiner Selbstständigkeit biete ich auch Rhetorikkurse an Firmen an. Dabei bespreche ich gerne die Ergebnisse von Studien, die gezeigt haben, dass Probanden, die gepflegt angezogen waren, stärkere Leistungen als die Kontrollgruppen brachten. Menschen, die Markensportkleidung höchster Qualität trugen, liefen schneller und Männer in Anzug hatten höhere Testosteronlevels. Kleidung ist nicht egal. Auch die Devise "Hauptsache, man fühlt sich wohl" greift offenbar zu kurz, wenn das, was wir tragen, lauter spricht als wir selbst. "Passt mein Job noch zu mir?!" Wie ein Kleidungsstück, das zwickt oder nicht mehr sitzt, fühlt sich manchmal auch der Beruf an. Sollte ich Job wechseln? Diese Frage stellte ich mir oft – als wissenschaftliche Mitarbeiterin, als Gymnasiallehrerin, vor dem Schritt in die Selbstständigkeit. Um Klarheit zu gewinnen, habe ich den WEGweiser entwickelt: ein kompaktes Werkzeug, um berufliche Optionen nicht nur nach Aufgaben, sondern auch nach persönlichen Werten zu vergleichen. Wer gerade über einen Wechsel nachdenkt, kann den WEGweiser hier kostenlos herunterladen. 🏛️ LateinKleidung ist nicht bloß Schutz vor Sonne oder Kälte. Sie vermittelt Zugehörigkeit, Haltung, Status – selbst bei Menschen, die sich nicht besonders für Mode interessieren. Die Art, wie wir sozialisiert werden, prägt unsere Wahrnehmung der Kleidung, die wir sehen, und der Menschen, die sie tragen. Deswegen hat jeder Kulturkreis eigene Traditionen und Reaktionen. Manche Signale sind stark kodiert. Denkt man an Kleidung im antiken Rom, fällt einem gleich die Toga ein. Zu Recht! Denn bereits in der Antike nahmen sich die Römer selbst als gens togata wahr, wie wir im ersten Buch der Aeneis lesen können. (Zu der entsprechenden Stelle habe ich diesen Artikel auf dem Blog.) Der freie Römer trug also eine Toga, ein etwa halbkreisförmiges Wolltuch, zwischen 4 und 6 Meter lang, das über die Schultern und um den Körper drapiert wurde. Nicht gerade Arbeitskleidung also! Wer eine Toga trug, war frei und gehörte zur Elite. Doch Toga ist nicht gleich Toga.
Die toga virilis war also weit mehr als ein Kleidungsstück. Sie war ein Symbol von Bürgerstatus, Mündigkeit, Verantwortung. Mit ihr traten junge Römer in das öffentliche Leben ein. Ein bemerkenswert ähnliches Phänomen zeigte sich noch bis ins 20. Jahrhundert hinein: Knaben trugen kurze Hosen oder gar Kindeskleidchen, bevor sie mit einer langen Hose in die Welt der Männer entlassen wurden. Das ist das sog. Breeching, das wir noch mit den blaublütigen Kindern von William and Kate beobachten können. Bei der Toga gab es klare Regeln, doch Kleidung war und ist sonst eine komplizierte soziale Angelegenheit, die nicht bloß dem naiven Selbstausdruck überlassen werden darf. Kleidung ist nicht Privatsache! 📚 BildungKinder lernen aus Vorbildern und aus Reaktionen: Sie beobachten, was um sie herum passiert und wie ihre Mitmenschen auf ihr Verhalten reagieren. Wenn Mädchen – wie so oft – morgens beim Ankommen in der Kita für ihre Klamotten gelobt werden, lernen sie ganz schnell, dass ihr Äußeres besondere Aufmerksamkeit verdient. In der Grundschule passen Lehrer noch mit auf, dass Kinder wetterangemessen gekleidet sind. Und dann kommen Schüler in die weiterführende Schule... An den Schulen, die ich erlebt habe, war allgemeiner Konsens:
Gegenstimmen gab es nur vereinzelt. Zu (2) kann ich nur das Offensichtliche erklären. Dass es nicht selbstverständlich ist, verwundert, aber: 10- bis 18-Jährige sind in der Lage, sich selbst an-, aus- und umzuziehen, sodass Eltern höchstens kontrollieren können, wie sie das Haus verlassen, jedoch nicht was in den nächsten 7 Stunden passiert. Genau deswegen hat die Schule doch einen Erziehungsauftrag! Und zur Ausdrucksfreiheit in (1)? Jeder Mensch, der zur Mündigkeit hin erzogen werden soll, muss lernen, sich auszudrücken. Der sprachliche Ausdruck wird beispielsweise im Laufe der Schule immer weiter verfeinert, erweitert, differenziert. Der Schüler lernt nach wie vor aus dem Vorbild des Lehrers und aus dessen Reaktionen. Der Lehrer lobt Richtiges und korrigiert Falsches. Warum sollte es sich bei Kleidung anders verhalten? Ein Mädchen in Hotpants oder ein Junge, dem die Rippen bis zur Taille herausgucken, sind für die Schule nicht angemessen gekleidet. T-Shirts mit Gewalt- oder Hasssprüchen dürfen nicht toleriert werden. Eltern und Lehrer MÜSSEN es den Schülern klar machen. Ich erinnere mich an eine Lehrerkonferenz, in der ein Kollege berichtete, dass er bei einer Schülerin – Zitat! – 'nicht mehr wisse, wo er hinschauen solle'. Ob er sie darauf angesprochen habe? "Nein!", empörte er sich, "Was würde man von mir denken?" Die Lösung des Kollegiums? Eine weibliche Lehrkraft solle das Gespräch führen, Dresscode wolle man aber keinen, um die Freiheit der Schüler nicht einzuschränken. Kurz: keine Konsequenzen. Nicht einmal die selbst erklärte Arbeitsunfähigkeit von Lehrkräften reicht also als Argument aus, Regeln zu formulieren. Ich bin baff. Wie stehen sie zu Kleidungsregeln an Schulen oder gar Schuluniformen? Zusammenfassend: 💎 Wie sprechen Sie durch Kleidung mit sich und mit anderen? 🏛️ Welche Kleidungsregeln waren im antiken Rom stark kodiert? 📚 Gehört Kleidung zum Erziehungsauftrag der Schule? Schreiben Sie mir gerne Ihre Gedanken, Geschichten und Anregungen. Hat Ihnen der Newsletter gefallen? Dann teilen Sie ihn mit Freunden und Kollegen. Im Juli-Newsletter wird es um 🪑 Möbel gehen. Schicke Grüße Übrigens, was kann ich für Sie tun?"Sollte ich Job wechseln?"Wenn Sie sich gerade Fragen, ob ein Jobwechsel für Sie sinnvoll ist, laden Sie meinen WEGweiser kostenlos herunter. Dieses Tool hilft Ihnen, Jobs und Karrierewege nach Werten und Aufgaben zu vergleichen. "Ich suche eine Freie Rednerin für eine Zeremonie."Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie eine Freie Rednerin für eine Zeremonie suchen. Ich gestalte ein- und mehrsprachige Zeremonien auf Deutsch, Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch und Latein. "Meine Firma/Institution braucht ein Rhetoriktraining mit viel Praxisbezug."Kontaktieren Sie mich, um mein Portfolio mit Angebote für maßgeschneiderte Rhetorikkurse zu erhalten. "Ich möchte Silvias ältere Briefe lesen." |
Für Menschen, die sich nach echter Bildung sehnen, und den Mut haben, den Status quo zu hinterfragen.
Von Birdwatching und Exzellenz 🐦 Ich begrüße Sie am Weltzugvogeltag! 🐦 Birdwatching ist eine meiner bevorzugten Prokrastinationsmethoden. In meinem Garten fliegen die Vögel schwerelos, frei und zielsicher. Sie wissen ganz genau, woher sie kommen und wohin sie wollen. Seit jeher richtet der Mensch den Blick gen Himmel – zu den Sternen, zu den Vögeln – auf der Suche nach dem Göttlichen, weil er spürt, dass auch in ihm selbst ein Auftrieb steckt. In dieser Ausgabe geht es um besondere...
Von Drachentötern und persönlichen Monstern 🐉 Ich begrüße Sie am Georgstag! 🐉 Ich sitze heute nicht wie sonst an meinem Schreibtisch, der zum Garten hinaus zeigt, sondern auf unserer Terrasse vor der Küche. Der Frühling ist da und macht keinen Hehl daraus: Der Blauregen wird mit jeder Stunde ein Stückchen lilafarbener, der Kirschbaum (eine Prunus cerasifera nigra) hat seine rosa Blüten bereits durch tiefrote Blätter eingetauscht und ein Fruchtbaum in voller weißer Blüte summt vor lauter...
Keine Blüte ohne Rückschnitt 🌺 Hallo zusammen! 🌺 Der Frühling steht vor der Tür – eine Zeit des Aufbruchs und des Wachstums. Doch bevor blühende Pracht erstrahlen kann, braucht es Mut zur Schere, denn entschlossene Rückschnitte sind notwendig, damit neue Triebe ihre Vitalität entfalten. Wie im Garten, so im Leben. In dieser Ausgabe teile ich mit Ihnen, 💎 warum es zu meiner Entscheidung kam, die Universität zu verlassen, 📚 wie unser überreguliertes Schulsystem von einem radikalen Rückschnitt...